Mittwoch, 2. Januar 2008

Verschärfung des Jugendstrafrechts

Spiegel-Online - Jugendgewalt

Aufgrund mehrerer Gewalttaten durch Jugendliche in München Berlin...., die durch die Medien (massiv) in die Öffentlichkeit getragen wurden, wird von einigen Politikern (meines Vernehmens nach vornehmlich CDU/CSU) eine Verschärfung des Jugendstrafrechts "verlangt.

Dazu will ich ein paar Informationen geben:

"Die Aussagekraft der Polizeilichen Kriminalstatistik ist begrenzt..."

Die Aufklärungsquote wird anhand der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ermittelt, beruht also allein auf der polizeilichen Einschätzung, ob es zu einer Aufklärung der Straftat gekommen ist, unbeschadet der Frage, ob der von der Polizei ermittelte Tatverdächtige von der Justiz später überhaupt angeklagt oder gar verurteilt wird. Auch berücksichtigt sie keinerlei Dunkelziffer. Sie gibt daher nur eine Aussage zu den bekanntgewordenen Straftaten und welcher Anteil davon aus polizeilicher Sicht geklärt wurde.

http://www.bka.de/kriminalwissenschaften/...rechtstatsachen.pdf

Folgende Zitate sind aus der Dissertation "Strafrechtliche Schuld und gesellschaftliche Wirklichkeit" von Rainer Marcus Christmann

PDF-Datei Seite 33 - Zur öffentlichen Wahrnehmung: "In öffentlichen Debatten werden, wie WALTER bemerkt, typischerweise verschiedenste Gegenstände miteinander vermengt. Einzelfälle dienten als Aufhänger und zwischen leichteren und schwereren Taten, Kinder- und Jugendkriminalität, Untersuchungshaft und Strafhaft werde nicht mehr unterschieden.
Gefragt seien Symbole und Bilder, die empirisch kaum Substanz aufwiesen und in erster Linie aus bestimmten Bedürfnissen der Debatte heraus kreiert würden.
So entstehe aus »Nachrichtenrohstoffen« und Alltagsvorstellungen, vermittelt und ständig stabilisiert durch die Medien, eine eigene Kriminalität (1998, 434 f.)."
...
PDF-Datei Seite 95 - Das Schuldprinzip im Jugendstrafrecht :"Was neben dem »Strafzweck Erziehung« die übrigen Strafzwecke anbelangt,hat der Bundesgerichtshof den Strafzweck der »Sühne« auch für das Jugendstrafrecht anerkannt (BGH, JR 1954, 149, 149). Der Gesichtspunkt des Schutzes der Allgemeinheit soll bei der Beurteilung der Schuld dagegen zurücktreten. Abschreckung anderer dürfe keine Rolle spielen (BGHSt 15, 224, 226). Allerdings dürfe die Unzulässigkeit der Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte bei der Bemessung der Jugendstrafe nicht dazu führen, dass »das Maß der Schuld unangemessen verniedlicht würde und damit zugleich erzieherische Zwecke verfehlt würden.« (BGH, NJW 1994, 395, 396) Der Grundsatz, dass gegen Mittäter verhängte Strafen in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen müssen, sei auch dann zu beachten, wenn bei einem Mittäter Jugendstrafrecht, bei einem anderen Mittäter allgemeines Strafrecht zur Anwendung kommt (BGH bei Böhm 1991, 523), was im Ergebnis dazu führen kann, dass das Maß der Jugendstrafe höher ausfällt, wenn an der Tat ein Erwachsener beteiligt ist."
...
PDF-Datei Seite 45 - Zur öffentlichen Wahrnehmung: "So meint NEUBACHER, dass sich neuerdings, glaube man den Warnungen der Politiker, eine neue Risikogruppe abzeichne. »Nicht mehr die Organisierte Kriminalität oder die ›Ausländerkriminalität‹ oder die Jugendkriminalität soll neue Gesetzesverschärfungen erforderlich machen, sondern die ›Kinderkriminalität‹.« (1998, 121) »[D]ie Dramaturgie
der Dramatisierung sieht vor, nach einem bestürzten Blick auf angestiegene Fallzahlen die besorgte Frage nach den Ursachen zu stellen und die Antwort gleich mitzuliefern: Natürlich ist es auch hier ein allgemeiner Verfall von Werten, das Versagen von Erziehungsinstanzen, die Eltern, die Schule usw. und, ja, auch das wissen wir bereits, die unangebrachte Milde und Nachsichtigkeit von Gesetzgebung und Justiz.« (a.a.O., 122)"

Ich könnte aus Dissertation ewig weiter zitieren und kann sie nur jedem (Politiker der sich für eine Verschärfung ausspricht) empfehlen!!!


1 Kommentar:

a.maze hat gesagt…

hatte zu dem thema etwas in die richtung: "knast auf probe" gehört...dabei sollen mehrfach auffällig gewordenen jugendliche einmal für 2 wochen ins gefängnis kommen, quasi als letzter schuss vor den bug...find ich gar keine so schlechte idee, da, so denke ich, die ganzen bewährungstrafen nix bewirken...wenn einmal jemand soweit ist, dass er aus langerweile etc. jemand anderen verletzt, dann ist dem nicht mehr mit zeigefingerwinken beizukommen...